Differenzierte Leistungsbeurteilung (Authentic Assessment)

Das Authentic Assessment ist eine Methode zur Bewertung des Lernfortschritts Ihres Kindes, die über herkömmliche Tests und Noten hinausgeht. Anstatt einfach nur Fragen in einem Test zu beantworten, werden die Schülerinnen und Schüler bei einem Authentic Assessment aufgefordert, zu zeigen, was sie gelernt haben. Dies kann durch Projekte, Präsentationen, Portfolios oder praktische Aktivitäten geschehen, die die erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse widerspiegeln, aber auch durch einen schriftlichen Test, bei dem sie Probleme lösen, ihr Wissen anwenden und neu generieren. 

Beim Authentic Assessment liegt der Schwerpunkt auf dem Verständnis und der Anwendung sowie auf dem Prozess und nicht nur auf den richtigen Antworten. Noten können zwar eine allgemeine Vorstellung davon vermitteln, wie gut ein Schüler vorankommt, sie spiegeln aber nicht immer das gesamte Bild dessen wider, was ein Schüler weiss und kann. Eine authentische Bewertung bietet einen umfassenderen Einblick in die Fähigkeiten Ihres Kindes und ermöglicht es ihm, seine Kenntnisse auf unterschiedliche Weise zu demonstrieren. 

Warum legen wir so viel Wert auf das Authentic Assessment, vor allem wenn traditionelle Prüfungen immer noch Teil der Ausbildung Ihres Kindes sind?

Die OBS und das Schweizer Bildungssystem wurden von renommierten Vordenkern im Bildungsbereich beeinflusst, wie John Hattie, dessen Forschungen zum sichtbaren Lernen die Lehrmethoden weltweit verändert haben, John Dewey, dem Pionier der progressiven Pädagogik, der für Prinzipien wie Nutzen, Interesse, Erfahrung und Sozialisation eintrat, Sugata Mitra, dessen Erforschung selbstorganisierter Lernumgebungen herkömmliche Schulparadigmen in Frage gestellt hat, und Sir Ken Robinson, der sich für die Förderung von Kreativität und Innovation in der Bildung einsetzte. Ihre gemeinsamen Erkenntnisse unterstreichen, wie wichtig die Förderung von Kreativität, Autonomie und Individualisierung in Bildungseinrichtungen ist.

Denise Pope, Ed.M.’89, Leitender Dozent in Stanford, unterscheidet zwischen Benotung und Assessment (Leistungsbeurteilung). Sie definiert Benotung als den Prozess der Evaluierung und Wertzuweisung, während das Assessment laut Pope ein Feedback ist, das darauf abzielt, das Lernen der Schüler zu unterstützen, ihr aktuelles Leistungsniveau besser zu verstehen und sie zur Kompetenzerweiterung anleitet. Pope betont den kooperativen Charakter des Assessments, der im lateinischen Begriff „assidere“ verwurzelt ist, was so viel wie „neben jemandem sitzen“ bedeutet. Bei diesem kooperativen Ansatz arbeiten die Lehrkräfte mit den Schülerinnen und Schülern zusammen, um deren Kenntnisstand regelmässig zu bewerten und sowohl Stärken als auch verbesserungsbedürftige Bereiche zu ermitteln. Pope räumt ein, dass Noten zwar manchmal Einblicke gewähren, die Schülerinnen und Schüler aber oft unsicher über ihre echte Bedeutung sind.

John Hattie’s empirische Metastudie, die auf über 50.000 Studien mit mehr als 83 Millionen Schülerinnen und Schülern basiert, lieferte entscheidende Erkenntnisse über den Lehr- und Lernerfolg. Hattie betont, dass nicht nur die kognitive Entwicklung, sondern auch die Selbsteinschätzung der eigenen Leistung durch die Studierenden und die formative Beurteilung des Lernerfolges, die auch von Pope hervorgehoben wird, wesentliche Faktoren für den akademischen Erfolg sind. Die OBS trägt diesem Umstand durch die Einführung der authentischen Beurteilung Rechnung, bei der Rückmeldung, Ausblick und Massnahmen eine wichtige Rolle spielen.

Das Authentic Assessment bereitet Ihr Kind auf die Zukunft vor, indem es wesentliche Fähigkeiten entwickelt, die über das blosse Auswendiglernen und das Ablegen von Tests hinausgehen. In der realen Welt hängt der Erfolg oft von Problemlösungskompetenz, kritischem Denken, Kreativität und Zusammenarbeit ab – Fähigkeiten, die durch das Authentic Assessment gefördert werden.

An der OBS lernt Ihr Kind, sein Wissen anzuwenden, um praktische Probleme zu lösen, effektiv zu kommunizieren und kritisch über die Welt um es herum nachzudenken. Diese Fähigkeiten sind nicht nur für den akademischen Erfolg entscheidend, sondern auch für den Erfolg im späteren Berufs- und Privatleben.

Auch wenn das Authentic Assessment von grossem Wert ist, muss man sich darüber im Klaren sein, dass traditionelle Prüfungen nach wie vor ihren Platz in der Bildung haben. Prüfungen können eine standardisierte Methode sein, um das Verständnis der Schüler für bestimmte Inhalte und Fähigkeiten zu messen. Die Kombination von Authentic Assessment und traditionellen Prüfungen bietet jedoch einen ganzheitlicheren Ansatz zur Bewertung des Lernens Ihres Kindes. 

Bei der Bewertung nach der Bloom Taxonomie wird das Verständnis und die Beherrschung von Konzepten auf verschiedenen kognitiven Ebenen bewertet. Die Bloom Taxonomie unterteilt das Lernen in sechs Stufen: Erinnern, Verstehen, Anwenden, Analysieren, Evaluieren und Erschaffen. Jede Stufe steht für zunehmend komplexere kognitive Fähigkeiten, vom einfachen Erinnern von Fakten bis zur Synthese und Schaffung neuer Ideen und Konzepte. 

Bei der Bewertung der Leistungen der Schüler anhand der Bloom Taxonomie berücksichtigen Pädagogen das Niveau, auf dem die Schüler in jedem kognitiven Bereich arbeiten. Diese Bewertung hilft dabei, die Tiefe des Verständnisses, der kritischen Denkfähigkeiten und die Fähigkeit, Wissen in verschiedenen Kontexten anzuwenden, zu bestimmen. 

Die Bewertungskriterien „Emerging“, „Developing“, „Secure“ und „Excelling“ entsprechen der Bloom Taxonomie und zeigen die Entwicklung der Schüler auf den kognitiven Ebenen an: 

  • Schülerinnen und Schüler, die an Kompetenzen auf der auf dem Emerging Level arbeiten, beginnen gerade erst, ein Verständnis für grundlegende Konzepte zu zeigen. Sie haben möglicherweise noch Schwierigkeiten, sich an Fakten zu erinnern und wenden ihr Wissen noch nicht an. Zusätzliche Unterstützung und Anleitung sind oft notwendig, um diesen Schülerinnen und Schülern zu helfen, auf ein höheres Verständnisniveau zu gelangen. 
  • Schüler, die an Kompetenzen auf dem Developing Level arbeiten, machen Fortschritte in ihrem Verständnis und ihrer Anwendung von Konzepten. Sie zeigen eine wachsende Fähigkeit, Informationen zu verstehen und sie auf verschiedene Situationen anzuwenden, benötigen aber möglicherweise noch Unterstützung, um komplexere Ideen vollständig zu erfassen. 
  • Schüler, die an Kompetenzen auf dem Secure Level arbeiten, haben ein solides Verständnis von Konzepten erreicht und zeigen, dass sie ihr Wissen effektiv anwenden können. Sie können Informationen analysieren, Probleme lösen und Ideen selbstbewusst bewerten. 
  • Schülerinnen und Schüler, die an Kompetenzen auf dem Excelling Level arbeiten, beherrschen Konzepte, die den Erwartungen ihrer Klassenstufe entsprechen. Sie zeigen durchgängig fortgeschrittene Fähigkeiten in Bezug auf kritisches Denken, Kreativität und unabhängige Problemlösungsfähigkeiten und sind in der Lage, ihre Fähigkeiten zu nutzen, um etwas Neues zu schaffen oder ein Problem zu lösen, mit dem sie bisher noch nicht konfrontiert waren. 

Im Folgenden finden Sie einige Beispiele dafür, wie dies in der Praxis umgesetzt wird. 

Beispiel: Johnny lernt gerade das Einmaleins. Er kann sich das Einmaleins bis 12×12 merken, ohne sich auf das Zählen oder die Finger zu verlassen. 

Beispiel: Sarah versteht das Konzept der Multiplikation als wiederholte Addition. Sie kann einfache Multiplikationsaufgaben wie 3 x 4 durch viermaliges Addieren von 3 oder unter Verwendung von Schaubildern zur Darstellung des Problems lösen. 

Beispiel: David kann die Multiplikation anwenden, um Probleme aus dem wirklichen Leben zu lösen. Wenn er zum Beispiel 4 Tüten hat und jede Tüte 6 Äpfel enthält, kann er die Gesamtzahl der Äpfel berechnen, indem er 4 mit 6 multipliziert. 

Beispiel: Emily kann verschiedene Multiplikationsstrategien analysieren und die effizienteste für ein gegebenes Problem auswählen. Sie kann beurteilen, welche Methode für verschiedene Szenarien am besten geeignet ist, z. B. die Verwendung des Distributivgesetzes oder die Zerlegung von Zahlen in Faktoren. Darüber hinaus kann sie ihre eigenen Multiplikationsaufgaben erstellen und die Gründe für die Wahl bestimmter Strategien erläutern. 

Die schattierten Bereiche zeigen an, dass eine Kompetenz (nicht der Schüler) auf dieser Stufe nicht bewertet werden kann. 

  • Was ist die Summe von 5 + 3? 
  • Ich kann in Zweiergruppen bis 20 zählen? 
  • Ich kann erklären, wie ich die Aufgabe 10 – 5 lösen würde? 
  • Ich kann zeigen, wie ich die Aufgabe 4 + 6 mit Hilfe von Rechenstäbchen lösen würde? 
  • Wenn du 7 Äpfel hast und deinem Freund 3 gibst, wie viele Äpfel hast du dann noch? 
  • Timmy hat 8 Murmeln, und er findet 2 weitere. Wie viele Murmeln hat er jetzt? 
  • Erstelle Bilder, um zu zeigen, auf wie viele verschiedene Arten du die Antwort 20 durch Addition erhalten kannst. Zum Beispiel: 

Beispiel: Was ist die Definition eines Adjektivs? Um den Bewerbungsprozess zu starten, füllen Sie bitte das Online-Formular aus. 

Beispiel: In einem Text Beispiele für Adjektive finden und ihren Zweck erklären 

Beispiel: Lese einen Text ohne Adjektive, fügen dann einige hinzu und erkläre die Unterschiede. 

Beispiel: Eine Beschreibung einer Figur schreiben 

Durch die Darstellung der Kompetenzen auf diese Weise und durch das Feedback bzw. den Ausblick werden die Schüler ihre nächsten Schritte verstehen. 

Darüber hinaus verwenden die Lehrerteams in den Klassen 1-6 Textmarker, um sofortiges Feedback zu geben: 

Gold (Yellow) for Glory: Wir wollen mehr davon sehen 

Blue to Do: Das muss korrigiert werden (z. B. eine falsche Schreibweise von Wörtern, die der Schüler kennen sollte, eine falsche Berechnung, ungelöste Aufgaben in einer Arbeit) 

Pink to Think: Wie kannst du dies verbessern? Hast du die richtige Operation verwendet? Hast du deine Arbeit überprüft? 

Etwa 60 % der Fragen entfallen auf das Emerging- und Developing Level, d. h. Ihr Kind muss sich die unterrichteten Konzepte einprägen, sich an sie erinnern und zeigen, dass 

es sie verstanden hat. 20-30 % der Fragen beziehen sich auf das Secure Level (vertieftes Verständnis, Verständnis des Kontextes, der Zusammenhänge und der Auswirkungen) und 10-20 % auf das Excelling Level (in der Lage sein, das eigene Wissen und Verständnis zu nutzen, zu entscheiden, wie es am besten angewendet werden kann und Problemstellungen zu erörtern und Lösungsansätze zu schaffen). 

Am Ende der 6. Klasse erwarten wir, dass ein Schüler oder eine Schülerin auf Gymnasium-Level ist und in folgenden Bereichen auf dem Secure Level ist: 

  • Mathematik
  • Sprachen
  • NMG
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pfeil 1
pfeil 2
456Schülerinnen und Schüler
63Lehrpersonen
9Unterrichts-assistenten
80Schüler Langzeit-Gymnasium
44Schüler Sekundarstufe
48Schüler IB Diploma Program
5erfolgreiche eidg. Matura Jahrgänge
3erfolgreiche IB Diploma Jahrgänge
1/3Schweizer Familien
1/3Familien mit Schweizer Elternteil
1/3Familien aus 41 Nationen
30+Freizeit Clubs